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«Dachte, das wird nicht so schlimm»

Wie ist es, an Covid zu erkranken? Hier erzählen Leserinnen und Leser von ihren Erfahrungen.

Linus Schöpfer, Mathias Lutz
Aktualisiert am 12. Dezember 2020

Jeden Tag reden und lesen wir über Corona. Trotzdem bleibt das Virus rätselhaft. Manche bemerken eine Infektion nie, andere erleben die Erkrankung als milde Grippe, wieder andere zwingt sie ins Spital oder gar in die künstliche Beatmung.

Wir haben nach den Covid-Erfahrungen von erkrankten Leserinnen und Lesern gefragt. Hier sind die Antworten – von der Schülerin zum Rentner, vom Hauswart zur Wissenschaftlerin. 

Über die Umfrage

Dieser Artikel ist das Ergebnis eines Leseraufrufs, der Mitte November auf den Websites und in den Zeitungen der Tamedia-Bezahlmedien veröffentlicht wurde. 

Die Beiträge der Leserinnen und Leser wurden anonymisiert. Das heisst, Vor- und Nachname wurden geändert. Auch die Illustrationen entsprechen nicht dem realen Äusseren der Befragten.

Alle übrigen Angaben – Alter, Beruf und Wohnkanton – sind authentisch. 

Simone Y. (16)

Schülerin, Kanton Zürich

«Im Gymnasium tragen wir konsequent Masken. Wir essen allerdings zusammen. Eine Kollegin, mit der ich zu Mittag ass, wurde positiv getestet. Kurz darauf fiel auch mein Test positiv aus. Ich ging sofort in Quarantäne. Ich konnte kurzzeitig nichts mehr schmecken, hatte sonst aber keine Symptome. In der Isolation gings mir gut. Ich habe mit vielen Facetime gemacht und musste so nicht alleine Znacht essen. Von meiner Familie steckte sich niemand an, obwohl wir bis kurz vor meinem Test noch gemeinsam gegessen hatten. Das Contact-Tracing hat sich nie bei mir gemeldet.»

Hansruedi K. (45)

Hauswart, Kanton St. Gallen

«Ich erkrankte Anfang November. Ich hatte vier Tage Fieber und zwei Wochen lang Husten. Ich komme noch immer schnell ausser Atem und arbeite daher erst zu 50 Prozent. Ich versuche, mein Gewicht zu reduzieren, und hoffe, dass sich meine Atmung dadurch wieder verbessert. Was mir psychisch am meisten zu schaffen macht, ist der Geschmacksverlust. Als Kochlehrer und leidenschaftlicher Hobbykoch habe ich grosse Angst davor, nie mehr richtig schmecken zu können.»

Tabea V. (36)

Wissenschaftlerin, Kanton Bern

«Ich infizierte mich Anfang Oktober mit Corona. Der Verlauf war milde. Etwas Husten und Fieber, Gliederschmerzen. Doch als diese Symptome weg waren, kamen neue hinzu: eine grosse Erschöpfung, Kurzatmigkeit, Kopfschmerzen und ein Tinnitus. Ich reagiere nun auch empfindlich auf Geräusche und Licht. Auch habe ich Mühe, mich zu konzentrieren, und bin vergesslich. Ich bin noch immer nicht zu 100 Prozent arbeitsfähig.»

Gerhard Z. (50)

Bankangestellter, Kanton Zürich

«Ich hatte einen Herzinfarkt, gehöre also zur Risikogruppe. Es begann Mitte November mit Übelkeit und Husten, dann bekam ich Fieber. Ich hatte fürchterlich kalt und Schüttelfrost. Nach drei Tagen war das Fieber weg, aber auch der Geschmackssinn. Der Test fiel dann positiv aus. Das war eine Befreiung, weil ich nun wusste, was ich hatte. Aber es war auch ein Schock: Was würde jetzt noch kommen? Es ging dann aber rasch besser, die Symptome verschwanden. Ich blieb aber noch länger schlapp. Was mich beschäftigte: dass man mit der Krankheit ziemlich allein ist. Auch der Hausarzt war nur mässig an mir interessiert.»

Granit P. (32)

Ingenieur, Kanton Basel-Stadt

«Vielleicht habe ich mich auf einer längeren Autofahrt mit einem Freund angesteckt. Dann: Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, leichter Husten. Schmerzen am ganzen Rücken. Die Kopfschmerzen wurden stärker, und ich wurde müder. Mein Geruchs- und Geschmackssinn fiel eine Woche aus. Leider steckte ich meinen Vater und meinen Bruder an. Corona war für mich definitiv schlimmer als eine normale Grippe.»

Hans Z. (61)

Informatiker, Kanton Zürich 

«Ich habe mich irgendwo in Südfrankreich infiziert, wo ich in den Ferien war. Am Ende der Ferien erhielt ich das positive Resultat. Ich hatte zwei Tage Fieber, Gliederschmerzen und Husten. Nach drei Tagen war ich wieder fit. Etwas länger dauerte es, bis der Geschmackssinn wieder zurück war, das waren ein paar Wochen. Corona war für mich letztlich wie eine leichte Grippe.»

Tilda R. (40)

Lehrerin, Kanton Aargau

«Als ich mich in Quarantäne begeben musste, wusste ich um meine Privilegien: ein grosses Haus und kaum Symptome. Nur ein komischer, neuer Husten und erhöhte Temperatur. Mein Mann besorgt den Haushalt. Ich schreibe Zusammenfassungen für den mittleren Sohn und lerne mit ihm über Facetime. Ich esse mit meiner Familie über Facetime, lese vor über Facetime, leite sie zum Kochen an über Facetime. Ich schlafe aus, bade, lese Krimis und Zeitung, schaue Netflix auf dem Stepper und telefoniere mit Familie und Freunden. Ich muss weder putzen noch waschen oder kochen. Corona ist für mich eine Alltagsauszeit. Die Springerin kann in der Schule viele meiner Stunden übernehmen. Ich bereite ihr alles vor. Nach mir erkrankten zwei weitere Lehrpersonen, eine ganze Klasse musste in Quarantäne. Die Zahl der angesteckten Schülerinnen und Schüler steigt. Die Klassenzimmer sind zu klein, die Fenster ständig offen.»

Tina Q. (57)

Mitarbeiterin einer Kulturinstitution,
Kanton Luzern

«Ich holte mir Covid Ende März. Bei der Arbeit hatte ich an einem Donnerstag Wallungen, fühlte mich leicht krank. Ich ging nach Hause. Am Abend bekam ich Fieber, das drei Tage anhielt. In dieser Zeit hatte ich extreme Muskelschmerzen – so, als würde jeder einzelne Muskel schmerzen. Am Montag fühlte ich mich wieder gesund. Danach kam ich noch zwei, drei Wochen jeweils rasch ausser Atem, sogar beim Spazieren. Mein Partner hat sich übrigens nicht angesteckt.»

Charlotte F. (71)

Literaturwissenschaftlerin, Kanton Zürich 

«Ich trainiere täglich eine halbe Stunde auf dem Crosstrainer und gehe zweimal die Woche ins Fitness. Mitte Oktober bekam ich Schmerzen beim Hüsteln und liess mich darauf bei der Hausärztin auf Corona testen. Das positive Resultat überraschte mich. Die Krankheit nahm dann einen milden Verlauf. Ausser diesem Kratzen und einem Tag Kopfschmerzen hatte ich keine Symptome. Ich konnte sogar mein tägliches Training auf dem Crosstrainer durchziehen.»

Irma Z. (54)

Chefin eines KMU, Kanton Zürich 

«Ich erkrankte Anfang Oktober. Ich entwickelte vor allem eine starke Müdigkeit und einen Schwindel, der mir auch psychisch zusetzte. Topfit fühle ich mich bis heute nicht, und mein Geruchssinn ist ebenfalls noch nicht komplett zurück. Ich nahm Corona immer ernst. Im Betrieb passten wir bereits ab Januar gut auf, und seit Ostern gilt bei uns Maskenpflicht. Ich hätte nie gedacht, dass es mich erwischt.»

Frieda Y. (74)

Rentnerin, Kanton Aargau

«Eine Bekannte steckte mich und meinen Mann bei einem Treffen an. Sie wusste nicht, dass sie Corona hatte. Drei Tage danach bekamen wir starken Husten und Schnupfen. Wir begaben uns sofort in Isolation und haben meines Wissens auch niemanden angesteckt. Corona verlief dann wie eine Grippe: Husten, Schnupfen, Halsweh, aber kein Fieber und auch keine Atemnot. Wir fühlten uns drei Wochen lang müder als sonst, aber das ist nun auch fast vorbei. Wir hatten ein Riesenglück! Das Contact-Tracing funktionierte übrigens bei uns, wir fühlten uns gut unterstützt.»

Mirka W. (51)

Unternehmerin, Kanton Zürich

«Ich dachte, als gesunde Frau wird das nicht so schlimm. Es kam dann anders. Mein 23-jähriger Sohn war positiv, bei ihm steckte ich mich Ende Oktober höchstwahrscheinlich an. Verlauf: Husten, Gliederschmerzen. Dann der positive Test. Dann begannen die Nieren zu schmerzen. Ich war so schlapp wie noch nie in meinem Leben. Der Weg in die Küche fühlte sich an wie eine Weltreise. Die Woche nach dem positiven Resultat war schrecklich. Dann ging es langsam aufwärts, ich ging spazieren wie eine alte Dame. Jetzt habe ich nur noch diese Müdigkeitssymptome, und mein Magen schmerzt ab und zu.»

Fritz Y. (61)

Klavierlehrer, Kanton Zürich 

«Ich wollte in den Herbstferien eine Schiffsreise unternehmen. Bevor ich in Hamburg an Bord ging, musste ich einen Test machen. Resultat: positiv. Dann war ich sieben Tage beschwerdefrei, dann drei Tage Husten, einer davon ordentlich stark. Mit dem Asthmamittel Symbicort und dem Fiebersenker Ibuprofen kam ich letztlich aber gut über die Runden.»

Karin C. (42)

Lehrerin, Kanton Aargau

«Als Lehrerin war mir klar, dass ich es mir irgendwann holen würde. Ich infizierte mich dann bereits im März. Ich hatte Husten und leichtes Fieber. Ohne die ganze Aufregung um Corona wäre ich wohl zur Arbeit gegangen. Mühsam war allerdings der Geschmacksverlust, der zwei Monate anhielt, jetzt aber zum Glück wieder weg ist.»

Jana Z. (47)

Kommunikationsfachfrau, Kanton Zürich

«Als ich mich mit Corona infizierte, war ich kerngesund. Dann lag ich zwei Wochen flach mit Fieber und Symptomen, die sich täglich abwechselten: Heiserkeit, Verlust des Geschmacks- und Geruchssinns, Tinnitus, Husten, Kopfschmerzen. Und Gehirnnebel – «Brain Fog» – war für mich eine schlimme Erfahrung. Danach ging es langsam aufwärts. Aber bis heute fühle ich mich mental verlangsamt, und der Tinnitus wird mir wohl als Andenken an diese Krankheit bleiben. Was aber auch bleibt: Dankbarkeit für unser Gesundheitssystem, das uns jederzeit medizinische Versorgung garantiert – und Wut auf Covid-Egoisten und -Leugner, die die Pandemiebewältigung behindern. »

Magdalena W. (72)

Rentnerin, Kanton Zürich

«Normalerweise ging ich jede Woche wandern und schwimmen. Dann auf einmal ein trockener Husten, kurz darauf starke Kopfschmerzen. Der Test fiel dann positiv aus. Der Husten war sehr lästig, vor allem in der Nacht, und ich fühlte mich sogar zum Lesen zu schlapp. Nach einem Monat fühle ich mich nun fast wieder gesund, auch der Appetit kommt langsam zurück. Die Betreuung durch die Hausärztin war gut. Ärgerlich war allerdings, dass ein Nachbar im Haus einen Zettel aufhängte mit den Hinweis, ich sei positiv getestet worden – ohne das vorher mit mir abzusprechen.»

Jörg V. (72)

Rentner, Kanton Bern

«Es begann Ende Oktober: Halsweh, leichter Husten. Ich dachte an eine gewöhnliche Erkältung und griff zu den bei mir bewährten Gegenmitteln: Eukalyptus-Dampfinhalationen, Neocitran, warme Umschläge um den Hals. Dann der Anruf eines befreundeten Paars, das meine Frau und mich besucht hatte: Es war positiv. Wir machten den Test – und waren ebenfalls positiv. Als ich dann auch den Geruchssinn verlor, überraschte mich das nicht mehr gross. Die Fernsehbilder aus den Intensivstationen waren dann schon belastend. Aber wir wussten, dass sich nach einer Woche abzeichnet, wie die Krankheit verläuft. Gott sei Dank verschlimmerte sich die Krankheit nicht, und es kamen auch keine Symptome dazu. Nach einer Woche war dann auch die Müdigkeit weg, und mit der Zeit kam auch der Geruchssinn zurück. Wir hoffen natürlich, jetzt immun zu sein. Ich werde mich aber so oder so impfen lassen. Ich fühlte mich während der Krankheit gut betreut, das Contact-Tracing funktionierte ebenfalls einwandfrei.»

Flurina C. (41)

Bankangestellte, Kanton Zürich 

«Unsere Familie steckte sich bereits im Februar an. Wir waren in den Skiferien in Südtirol. Erst erkrankte der Sohn, dann mein Mann. Drei Wochen später war ich dran. Hohes Fieber während zweier Tage, fünf Tage später war der Geschmacks- und Geruchssinn weg. Damals wusste man noch nicht, dass das typisch ist für Corona. Wochen später litt ich zudem an Haarausfall, zudem bekam ich Schwierigkeiten mit dem Kurzzeitgedächtnis. Dieses Problem habe ich bis heute.»

Rosmarie Q. (76)

Rentnerin, Kanton Aargau

«Ich steckte mich auf einer Fahrradtour an. Erste Symptome: Schwindelgefühle, Durchfall, Appetitlosigkeit. Obwohl alles für eine Corona-Infektion sprach, war erst mein dritter Test positiv. Ich verlor zu Hause mehrmals das Bewusstsein, litt an Herzrasen. Wegen der Atemnot musste ich schliesslich vier Tage auf die Covid-Abteilung des Spitals Baden. Beruhigend war, dass kontinuierlich die Sauerstoffwerte gemessen wurden. Nun sind die Entzündungswerte wieder im normalen Bereich. Ich war nun zwei Monate krank, aber langsam kommt die Kraft zurück.»

Karl X. (40)

Manager, Kanton Zürich

«Die Corona-Erkrankung war für mich ein verwirrendes Erlebnis. Anfang November hatte ich ganz wenig Fieber und etwas Halsschmerzen – milde Symptome also. Ich machte trotzdem einen Test, der negativ ausfiel. Dann musste ich mich vor einer Geschäftsreise nochmals testen lassen. Das Resultat: positiv. Ich war irritiert, weil ich zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Symptome mehr hatte. Ich musste in Quarantäne, liess mich am Tag darauf nochmals testen: negativ. Das Contact-Tracing hat sich nie bei mir gemeldet, und den Code für die Covid-App bekam ich erst drei Tage nach dem positiven Resultat.»

Kurt V. (65)

Lehrer, Kanton Bern

«Als Corona real wurde, traf ich alle nötigen Massnahmen. Ich traf mich kaum noch mit Freunden, trug Maske, konzentrierte mich aufs Homeoffice. Just am 3. November, als Trump abgewählt wurde, wurde Corona in unserer Familie zum Ernstfall. Meine Frau und mehrere Kolleginnen hatten sich bei einer Patientin angesteckt. Sie wurde positiv getestet. Kurz darauf musste ich sie in den Notfall bringen – sie ist Asthmatikerin und bekam Atemnot. Bald musste ich mich ebenfalls ins Spital begeben. Ich brauchte Sauerstoff. Nach einer Woche konnte ich nach Hause. Es blieben schwer erträgliche Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit im Wechsel mit Albträumen, Erschöpfung tagsüber. Ich habe in den letzten Wochen zehn Kilo verloren. Nun geht es langsam wieder aufwärts.»

Caroline T. (58)

Intensivpflegefachfrau, Kanton Zürich

«Es begann Mitte Oktober mit etwas Kopfschmerzen und einer laufenden Nase bei meinem Mann. Dann kam Fieber dazu. Wir machten beide den Test: positiv. Die Bilder in den Nachrichten setzten ein beunruhigendes Kopfkino in Gang. Sehr wahrscheinlich haben uns deutsche Bekannte angesteckt, die bei uns zu Besuch waren und kurz darauf erkrankten. Das Contact-Tracing meldete sich erst eine Woche nach dem Test. Dann waren die Schmerzen auch schon fast wieder weg. Der Geruchssinn ist allerdings bis heute nicht komplett zurück.»

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